Diese Fotos der Ruinenstadt Duisburg zeugen von der apokalyptischen Zerstörungskraft, die 1944 binnen zwei Tagen 3500 Menschen und weite Teile Duisburgs vernichtete. DerWesten zeigt Bilder der
Zeitzeugenbörse, die ein Flakhelfer nach den Luftangriffen der „Operation Hurricane“ aufnahm.
Wenn die Feuerwerker des Kampfmittelbeseitigungsdienstes nach Duisburg kommen, um einen Blindgänger zu entschärfen, dann holt die Vergangenheit die Stadt ein. Der 21. März und der 18. April 2012
waren solche Tage, an denen Fliegerbomben, die vor fast sechs Jahrzehnten zerstören und töten sollten, plötzlich wieder eine Bedrohung waren. Für die brenzligen Einsätze am Hauptbahnhof wurde die
halbe Innenstadt evakuiert. Wie lebendig die Erinnerungen an die Bombardierung sind, zeigte die Live-Berichterstattung auf DerWesten.de während dieser beiden Entschärfungen. Die darin
veröffentlichten Fotos des kriegszerstörten Duisburg hatte der Luftkriegs-Historiker Harald Molder der WAZ-Mediengruppe zur Verfügung gestellt. Bei ihm meldeten sich allein am 17. April etwa 40
Zeitzeugen.
Nun dürfen wir erneut 143 Fotos aus Molders Archiv zeigen: erschreckende Zeugnisse der „Duisburger Apokalypse“, Bilder aus der Ruinenstadt an Rhein und Ruhr. Die meisten davon nahm der Duisburger
Wilhelm Schnitzler am 14. und 15. Oktober 1944, nach der „Operation Hurricane“, auf. Er war damals als Flakhelfer in der Stadt unterwegs. Die anderen Fotos zeigen das kriegszerstörte Duisburg im
Jahr 1945.
Am 14. und 15. Oktober warf die Royal Air Force (RAF) bei drei Angriffen 9000 Tonnen Bomben auf Duisburg ab. Die Geschosse brachten 3500 Menschen um ihr Leben, legten weite Teile der Stadt in
Schutt und Asche. Duisburg, Hauptziel der britischen Luftstreitkräfte, wurde auch Opfer seiner westlichen Lage. „Die Stadt mit den Flüssen war aus der Luft sehr gut zu erkennen. Und vor allem
unerfahrene Piloten warfen gleich all ihre Bomben hier ab, um nicht weiter landeinwärts fliegen zu müssen“, weiß Molder.
Der 51-Jährige ist der Luftkriegsexperte der Zeitzeugenbörse Duisburg (ZZB). Den Verein gründete er 2007 gemeinsam mit Eric Zeppenfeld. Heute erforschen 20 Mitglieder die Duisburger
Stadtgeschichte, sammeln Dokumente und interviewen Duisburger, vor allem der älteren Generationen.
Schon 1992, zwei Jahre vor dem 50. Jahrestag der Operation Hurricane, begann Molder mit der historischen Aufarbeitung der Luftangriffe auf Duisburg. Mittlerweile kennt er „jede Bombe mit Namen“,
wie er sagt. Er studierte die Pläne der Angriffe im Stadtarchiv, wurde nach einem Aufruf im Newsletter der Bomber Command Association 1997 mit 3500 Briefen britischer Soldaten bombardiert. „Und
sobald hier ein Blindgänger gefunden wird, versuche ich herauszufinden, bei welchem Angriff die gefallen ist.“ Wenn der Zünder gezogen und die Gefahr gebannt ist, zählt Molder seit 1997 zu den
Ersten an der Fundstelle.
Auch die erneute Veröffentlichung historischer Fotos auf DerWesten.de dient ihm der Geschichtsforschung: Der Reiseverkehrskaufmann aus Ungelsheim erhofft sich als Reaktion neue Zeitzeugenberichte
und neues Interesse an der Duisburger Stadtgeschichte. Wer etwas erfahren oder ihm erzählen möchte, kann mailen (zzb-duisburg@hotmail.com) oder anrufen (0173 448 4805).
Buch über Luftangriffe erscheint im Herbst
Was die Heimatforscher über die Luftangriffe seit 1992 herausgefunden haben, können Interessierte ab diesem Herbst erstmals in einem Buch nachlesen. Der Sutton-Verlag will die Forschungen
veröffentlichen. Zuletzt hatten der Erfurter Verlag und die Zeitzeugenbörse in Zusammenarbeit die Bücher „Duisburg – alte Gaststätten und Cafés“ und „Duisburg-Großenbaum und -Rahm“
veröffentlicht.